In unserer Veröffentlichung „VOB oder BGB – Zum Rechtscharakter der VOB – Vorteile und Nachteile“ und auch unter „Rechtscharakter der VOB, Neuerungen und Fallstricke – die VOB 2006“ haben wir zum Rechtscharakter der VOB geschrieben.

Die VOB ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne der §§ 305 ff. BGB, die gegenüber Verbrauchern nur wirksam in den Vertrag einbezogen werden kann, wenn sie vor oder spätestens bei Vertragsabschluss dem Auftraggeber in vollständiger Textfassung zur Verfügung gestellt wird. Unterbleibt dies, hat das ganz fatale Folgen, wie wir in obigen letztgenanntem Beitrag erläutert haben.

Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 24.07.2008, Az. VII ZR 55/07 die Rechte der Verbraucher weiter gestärkt.

„Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann“ (§ 13 BGB).

Die bisherige Rechtsprechung des BGH und mithin jahrelange Rechtsanwendung war, dass die VOB/B, wenn sie wirksam in den Vertrag einbezogen wurde, „privilegiert“ war. Das bedeutete, dass die einzelnen Vertragsklauseln der 18 Paragrafen der VOB/B als in sich ausgewogen galten, also die jeweiligen Vorteile und Nachteile für den Auftragnehmer und Auftraggeber als ausgeglichen angesehen wurden und deshalb die einzelnen Vertragsklauseln nicht einer Inhaltskontrolle der §§ 307 bis 309 BGB unterlagen. Das galt nicht, wenn ein Vertragspartner im Vertrag die VOB/B zwar zu Grunde legen wollte, aber einzelne Vertragsklauseln zu seinen Gunsten abänderte.

In diesem Falle – und zwar unabhängig davon, ob es sich um Verträge mit Verbrauchern oder Unternehmern oder der öffentlichen Hand handelt und in jedem Falle bei Verbraucherverträgen – führt dies zu der Konsequenz, dass der Verwender der VOB/B, also diejenige Vertragspartei, die VOB in den Vertrag einführt, diese also gelten lassen will, sich nicht auf die für sie vorteilhaften Regelungen berufen kann, sämtliche Nachteile aber hinzunehmen hat.

Der Bundesgerichtshof hat im entschiedenen Fall die Sache an das Kammergericht Berlin zurück verwiesen, welches nunmehr über 24 streitige Klauseln, die Verbraucher benachteiligen können, zu entscheiden hat.

Auf eine Besonderheit möchten wir noch aufmerksam machen, weil sie ständige Praxis ist: Die Verlängerung der Verjährungsfrist für Mängelansprüche (früher Gewährleistungsfrist) ist keine Abweichung von der VOB/B im vorstehenden Sinne, da § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B eine solche abweichende vertragliche Vereinbarung ausdrücklich vorsieht. Es heißt dort: „Ist für Mängelansprüche keine Verjährungsfrist im Vertrag vereinbart, so beträgt sie für Bauwerke 4 Jahre …“ Eine solche abweichende Vereinbarung ist also zulässig, ohne dass die Ausgewogenheit der VOB/B gefährdet ist.

Wir haben in unserem eingangs erwähnten Beitrag „VOB oder BGB“ nachdrücklich empfohlen, dass Bauhandwerker von sich aus die VOB/B meiden sollten, also nicht auf ihren Auftragsschreiben, Briefbogen, Rechnungen oder anderer Geschäftspost, erst recht nicht im Vertrag, die VOB/B erwähnen sollten. Diese Empfehlung gilt jetzt um so mehr.

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