Bundestag und Bundesrat haben am 26.03. und 27.03. zahlreiche Regelungen, insbesondere das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie“ beschlossen. Anbei ein paar wichtige „Neuerungen“:

  1. Soforthilfe für Selbstständige 
    Den Kern der Soforthilfe bilden finanzielle Zuschüsse (also kein Kredit!) des Bundes, deren Höhe sich nach der Anzahl der Mitarbeiter bemisst:
    – Bis 9.000 Euro für 3 Monate bei bis zu 5 Beschäftigten (Vollzeitäquivalente)
    – Bis 15.000 Euro für 3 Monate bei bis zu 10 Beschäftigten (Vollzeitäquivalente)
     
    Für Sachsen-Anhalt wird in Anlehnung an das Hilfspaket des Bundes das Wirtschaftsministerium eine Richtlinie zur Corona-Soforthilfe erlassen. Das Gesamtvolumen der Zuschüsse wird insgesamt 150 Millionen betragen. Diese werden für Unternehmen gestaffelt ausgezahlt.
    Unternehmen mit
    – bis zu 5 Mitarbeitern erhalten bis zu 9.000 Euro,
    – 6 bis 10 Mitarbeitern bis zu 15.000 Euro,
    – 11 bis 25 Mitarbeitern bis zu 20.000 Euro,
    – 26 bis 50 Mitarbeitern bis zu 25.000 Euro.
    Ausgereicht werden die Zuschüsse über die Investitionsbank Sachsen-Anhalt. Ab Montag (30.03.2020) können sich Unternehmer und Solo-Selbstständige den Antrag herunterladen.

     

    Anträge können von gewerblichen und gemeinnützigen Unternehmen, Solo-Selbstständigen und von Angehörigen der Freien Berufe, einschließlich Künstler, mit bis zu 50 Beschäftigten (umgerechnet auf Vollzeitkräfte wie beim KSchG) gestellt werden, die im Haupterwerb wirtschaftlich und damit dauerhaft am Markt tätig sind.
    Es muss eine wirtschaftliche Notsituation infolge von Corona vorliegen, d.h. das Unternehmen darf nicht vor März 2020 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten gewesen sein. Als Stichtag für den Schadenseintritt gilt der 11.03.2020.

     

  2. Darlehen und Kredite
    Hier gilt das bereits früher Gesagte: Die KfW-Förderung ist über die Hausbank bzw. Sparkasse zu beantragen. Hierfür empfiehlt es sich, zeitnah mit denen in Verbindung zu treten. Dies gilt auch für Tilgungsaussetzungen usw. im gewerblichen Bereich. 
     
    Für Verbraucherdarlehen gilt folgende Besonderheit: 
    Die zwischen dem 01.04. und 30.06.2020 fälligen Darlehensforderungen werden kraft Gesetzes für drei Monate gestundet werden.
     
    Sofern: 
    – Der Darlehensvertrag vor dem 15.03.2020 abgeschlossen und
    – der Verbraucher pandemiebedingt außergewöhnliche Einnahmeausfälle hat, die ihm die geschuldete Leistung unzumutbar machen.
     
    Den Vertragsparteien wird zusätzlich die Möglichkeit eingeräumt, eine abweichende Vertragslösung zu vereinbaren. Während dieser Zeit sollen die Verbraucher vor einer Kündigung des Darlehens wegen coronabedingten Zahlungsverzugs geschützt sein. 
     
    An sich sollen die Vertragspartner über die weiteren Rückzahlungsmodalitäten verhandeln. Kommt keine Einigung zustande, verlängert sich die Vertragslaufzeit um drei Monate, die jeweilige Fälligkeit der vertraglichen Leistungen wird um diese Frist hinausgeschoben.
     
    Kleinunternehmer: Die Bundesregierung ist ermächtigt, den Schutz der Darlehensnehmer auf Kleinstunternehmer zu erweitern.
     
    Zudem können die Maßnahmen durch Verordnung bis zum 30.09.2020 verlängert sowie die Verlängerung der Vertragslaufzeit auf zwölf Monate ausgedehnt werden.

     

  3. Eltern und Kinderbetreuung
    In das Infektionsschutzgesetz wird ein Entschädigungsanspruch für Verdienstausfälle bei behördlicher Schließung von Schulen und Kitas zur Eindämmung der gegenwärtigen Pandemie aufgenommen. Erwerbstätige Sorgeberechtigte von Kindern bis zum 12. Lebensjahr oder Kindern, die behindert und auf Hilfe angewiesen sind, könnten davon profitieren.
    Ein Verdienstausfall besteht nur, wenn es keine anderen Möglichkeiten gibt, der Tätigkeit vorübergehend bezahlt fernzubleiben, wie etwa der Abbau von Zeitguthaben, Urlaub etc. – Auch Kurzarbeitergeld geht vor.
    Die Entschädigung in Höhe von 67 % des Nettoeinkommens wird für bis zu sechs Wochen gewährt und ist auf einen monatlichen Höchstbetrag von 2.016,- € begrenzt. Die Auszahlung übernimmt der Arbeitgeber, der bei der von den Ländern bestimmten zuständigen Behörde einen Erstattungsantrag stellen kann. Die Regelung gilt nicht für Zeiten, in denen die Einrichtung wegen der Schulferien ohnehin geschlossen wäre, und ist befristet bis Ende des Jahres 2020.

    https://www.bmas.de/DE/Schwerpunkte/Informationen-Corona/sozialschutz-paket.html

  4. Insolvenzantragspflicht
    Die Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO, § 42 Abs. 2 BGB) für von der Corona-Pandemie betroffene Unternehmen wird bis zum 30.09.2020 ausgesetzt.
    Die Aussetzung ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden:
    – Die Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung des Unternehmens muss Folge der Pandemie sein,
    – Dies wird vermutet. Die Beweislast für das Gegenteil liegt bei dem, der die Pflicht zur Insolvenzantragstellung geltend macht.
    – Für Insolvenzantragspflichtige, die bis zum 31.12.2019 zahlungsfähig waren, streitet eine Vermutung dafür, dass die Insolvenzreife auf der Covid-19-Pandemie beruht.
    – Die an die Insolvenzreife geknüpften Zahlungsverbote (§ 64 Satz 1 GmbHG, § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG) werden gelockert, um Geschäftsführer und Vorstand vor Haftungsgefahren zu schützen.
    – Die Neuaufnahme von Krediten in der Krise wird anfechtungs- und haftungsrechtlich privilegiert.
     
    Bestehen aber erkennbar später keine realistischen Sanierungsaussichten, bleibt die Insolvenzantragspflicht bestehen.
     
    Die Insolvenzanfechtungsrechte des Insolvenzverwalters werden eingeschränkt (sonst würde es ja keine Kredite für die Sanierung geben) und die Insolvenzantragsmöglichkeit der Gläubiger wird eingeschränkt. 
     
    Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht kann durch Rechtsverordnung bis zum 31.03.2021 verlängert werden. 

     

  5. Gesellschaftsrecht
    Im Gesellschaftsrecht, Genossenschaftsrecht, Vereinsrecht, Stiftungsrecht und Wohnungseigentumsrecht wurden Erleichterungen der Teilnahme an einer Versammlung oder Hauptversammlung geschaffen. Unter anderem wurde die präsenzlose virtuelle Hauptversammlung mit verkürzter Einberufungsfrist unter Zuhilfenahme geeigneter elektronischer Kommunikationsmittel eingeführt.

  6. Leistungsverweigerungsrechte befristet auf den 30.6.2020 (verlängerbar)
    Es wurde ein außerordentliches Leistungsverweigerungsrecht bzw. ein Recht zur Einstellung von Leistungen aus vertraglichen Verpflichtungen begründet, wenn
    – der Schuldner aufgrund der Folgen von Corona außerstande ist, seine vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen,
    – ohne seinen angemessenen Lebensunterhalt oder den seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen zu gefährden.
     
    Die Vorschrift gilt zwar auch für Leistungen der Grundversorgung wie Strom, Gas, Telekommunikation, doch dürfen Verbraucher davon nicht abgeschnitten werden können, wenn sie coronabedingt ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen können. 
     
    Kleinstunternehmern (bis 9 Beschäftigte und bis 2 Mio. € Umsatz) wird das Recht eingeräumt, Leistungen zur Erfüllung eines Anspruchs, der im Zusammenhang mit einem Dauerschuldverhältnis steht, das vor dem 08.03.2020 geschlossen wurde, bis zum 30.6.2020 zu verweigern, wenn
    – das Unternehmen die Leistung infolge von Umständen, die auf die Pandemie zurückzuführen sind, nicht erbringen kann oder
    – dem Unternehmen die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs nicht möglich wäre.
     
    Ausnahmen: Das Leistungsverweigerungsrecht gilt nicht, wenn die Ausübung für den Gläubiger unzumutbar ist, weil hierdurch die wirtschaftliche Grundlage seines Gewerbebetriebs oder seines angemessenen Lebensunterhalts gefährdet würde. Die Regelung gilt nicht für Miet- und Pachtverhältnisse sowie Arbeitsverträge, da hierfür eine gesonderte Regelung gilt.

     

  7. Miet- und Pachtverhältnisse – deutliche Einschränkung des Kündigungsrechts
    Miet- oder Pachtschulden (auch gewerbliche!), die in dem Zeitraum 01.04.2020 – 30.06.2020 pandemiebedingt entstehen, berechtigen nicht zur Kündigung des Miet- oder Pachtverhältnisses. Den Ursachenzusammenhang muss der Mieter glaubhaft machen. Die Regelung ist nicht abdingbar. Die Zahlungsverpflichtung bleibt aber bestehen.
    Die Kündigungsbeschränkung endet mit Ablauf des 30.9.2022. D.h. wenn die Zahlungsrückstände, nicht bis zum 30.6.2022 ausgeglichen sind, kann anschließend wieder gekündigt werden.
    Die Bundesregierung hat die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung die Kündigungsbeschränkung auf Zahlungsrückstände zu erstrecken, die im Zeitraum 01.07.2020 bis längstens 30.9.2020 entstanden sind.

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