Unzulänglichkeiten beim Schutz der Mitarbeiter/innen der öffentlichen Verwaltung

Ein aktueller Fall aus der Praxis wirft die Frage nach einer ausreichenden Sicherheit im Arbeitsalltag von Mitarbeitern in der öffentlichen Verwaltung auf. Zahlreiche Arbeitnehmer in der Verwaltung sind tagein und tagaus unmittelbar mit den Bedürfnissen der Bürger konfrontiert. Hierbei sind gerade diese Mitarbeiter Anlaufpunkt für jegliche emotionale Ausschreitungen.

Ein von uns betreuter Fall zeigt nun deutlich Schwächen im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers, also des Landes Sachsen – Anhalt für seine Angestellten. Dieser Bericht soll nicht nur das mangelnde Verantwortungsbewusstsein des Arbeitgebers aufzeigen, sondern er soll auch den einzelnen Bürger aufrütteln und zu einem Umdenken bewegen.

Vorliegend sah sich die von uns betreute Mitarbeiterin in einer öffentlichen Einrichtung starker Wutgebärden und ernsten persönlichen Beleidigungen seitens eines Bürgers gegenüber. Dieser versetzte nicht nur unsere Mandantin nachhaltig in tiefen Schrecken und Angst, sondern auch sämtliche anwesende Personen, so auch eine weitere Bürgerin, die – wie man sagen könnte – wohl zur falschen Zeit am falschen Ort war.

Dieser nicht nur einmalige Vorfall wurde entsprechend dem ordentlichen Dienstweg zunächst an die Geschäftsführung herangetragen. Welche sich jedoch urlaubsbedingt erst gar nicht mit der Angelegenheit beschäftigen konnte und stellte sodann nur lapidar fest, angemessen sei hier der Ausspruch eines Hausverbotes, jedoch erst im Wiederholungsfalle. Andernfalls sehe man keine Notwendigkeit für weitere Reaktionen. Damit sollte dann der Vorfall erledigt sein, ungeachtet weiterer möglicher Ausschreitungen seitens des agierenden Bürgers.

Daher war es nun an unserer Mandantin selbst, weitere Schritte zu unternehmen und Anzeige wegen der ernst zu nehmenden Bedrohung zu erstatten. Der Beschuldigte drohte unserer Mandantin, er werde auch ihr Leben zerstören, so wie sie bereits seines zerstört habe. Hintergrund dieser Drohung war, dass unsere Mandantin als ehemalige Sachbearbeiterin dem Beschuldigten wegen betrügerischem Handelns keine weiteren Sozialleistungen mehr gewähren konnte. Dies stellt zwar für die Allgemeinheit einen nachvollziehbaren Grund dar, der Beschuldigte konnte und wollte seine Schuld jedoch in dem einen wie in dem anderen Fall nicht einsehen.
Das Verfahren gegen den Beschuldigten wurde von der zuständigen Staatsanwaltschaft eingestellt, da diese dessen Schuld aus nicht nachvollziehbaren Gründen als zu gering ansehe, das Ermittlungsverfahren reiche dem Beschuldigten wohl insoweit als Warnung. Hierbei blieb völlig unberücksichtigt, dass der Beschuldigte nicht nur die Mitarbeiter massiv und auch persönlich bedrohte, sondern noch ein hinreichender Tatverdacht für die Begehung eines Sozialbetruges vorlag.

Als Konsequenz dieses Falles bleibt festzuhalten, dass es einerseits Aufgabe der Mitarbeiter ist nicht nur die Gesetze und geltenden Verwaltungsvorschriften umzusetzen, sondern dies auch gegenüber den Bürgern zu verantworten haben. Da den Mitarbeitern – wie dieser Fall zeigt – durch Vorgesetzte nicht immer der Rücken gestärkt wird, bleibt es an jedem Einzelnen selbst die Vernunft walten zu lassen.

24.07.2012

E. Rudolph, Rechtsanwältin
für Rechtsanwälte Kühn & Schreiber

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