VOB ist die Abkürzung für Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (früher bis 2002 Verdingungsordnung für Bauleistungen).

Sie gliedert sich in ihre drei Teile,

  • VOB/A – „Allgemeine Bestimmungen über die Vergabe von Bauleistungen“;
  • VOB/B – „Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen“ und
  • VOB/C – „Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen“.

Die VOB existiert bereits seit 1926, seit 1952 in der Trennung der drei Teile, und ist seither 1965, 1973, 1979, 1988, 1990, 1996, 2002 und zuletzt 2006 geändert worden.

Wenngleich der Schwerpunkt dieses Beitrages auf der VOB/B liegt, sollen zunächst einige Ausführungen zur VOB/A gemacht werden:

Die VOB/A spielt praktisch nur eine Rolle bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Öffentliche Auftraggeber sind durch Gesetz und Dienstanweisungen verpflichtet, bei öffentlichen Ausschreibungen die Vergabevorschriften der VOB/A zugrunde zu legen. Die VOB/A selbst wiederum verpflichtet die Auftraggeber in § 10 Nr. 1 Abs 2 , die VOB Teile B und C für die Abwicklung der Bauverträge zugrunde zu legen.

Zum Rechtscharakter der VOB/B:

Die VOB/B ist keine Rechtsvorschrift und trotz ihrer vielfachen Verwendung noch nicht einmal Handelsbrauch. Sie ist vom Charakter her eine Allgemeine Geschäftsbedingung, vergleichbar mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für chemische Reinigungen oder der Sparkassen und Banken oder des Anzeigengewerbes. Bis zum Jahr 2002 war sie also eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des AGB-Gesetzes, nach der Schuldrechtsmodernisierung zum 01.01.2000 im Sinne der §§ 305 bis 310 BGB.

Sie ist deshalb für die Vertragspartner nur dann bindend, wenn sie vor oder spätestens bei Vertragsabschluss ausdrücklich in den Vertrag einbezogen wurde, also deren Geltung explizit vertraglich vereinbart wurde. Eine nachträgliche Vereinbarung der VOB/B ist zwar theoretisch möglich, kommt aber praktisch nicht vor.

Nun kann allerdings eine Allgemeine Geschäftsbedingung nur dann Vertragsinhalt werden, wenn vor oder spätestens bei Vertragsabschluss dem anderen Vertragspartner des Verwenders diese AGB bekannt war und er sich in zumutbarer Weise davon Kenntnis verschaffen konnte (§ 305 Abs. 2 BGB).

Es ist jahrzehntelang Rechtsprechung, dass Bauunternehmer, Bauhandwerker, Architekten und Sonstige, die gewerblich damit zu tun haben, Kenntnis von der VOB haben müssen. In diesem Falle ist also die Kenntnisverschaffung durch den Verwender der VOB entbehrlich. Genauso gefestigte Rechtsprechung ist aber auch, dass gegenüber Privatpersonen die VOB nur dann wirksam Vertragsbestandteil werden kann, wenn spätestens bei Vertragsabschluss dem (privaten) Auftraggeber ein vollständiges Exemplar der VOB ausgehändigt wird. Das gilt zunächst für die 18 Paragrafen der VOB/B, letztlich aber auch für die umfangreichen Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (ATV) der VOB/C, da diese bei Vereinbarung der VOB/B gemäß § 1 Nr. 1 Satz 2 VOB/B ebenfalls Vertragsbestandteil werden.

Die VOB gilt in ihrer Gesamtheit als ausgewogenes Regelwerk, welche gegenüber dem ansonsten anzuwenden BGB-Werkvertragsrecht für die Auftraggeberseite, wie auch für die Auftragnehmer, an dieser und jener Stelle Vorteile und Nachteile mit sich bringt. Wir beschränken uns bei der nachstehenden Erläuterung auf die praxisrelevanten Unterschiede und vermeiden eine vollständige Auflistung, weil dies den Rahmen dieses Beitrages sprengen würde.

Beispielsweise sind nachstehende VOB/B-Regelungen für den Auftragnehmer günstiger als das BGB-Werkvertragsrecht der §§ 631 bis 651 BGB:

Gemäß § 3 Nr. 1 hat der Auftragnehmer Anspruch auf rechtzeitige Übergabe der nötigen Unterlagen durch den Auftraggeber und § 4 Nr. 1 konkretisiert diese Mitwirkungspflicht des Auftraggebers.

Der Auftraggeber hat dem Auftragnehmer kostenlos Lager, Einrichtungen, Zufahrtswege und Wasser- und Energieanschlüsse zur Verfügung zu stellen (§ 4 Nr. 4).

Die VOB/B schließt den Rücktritt (§ 323 BGB) und Schadenersatz statt der Leistung (§ 281 BGB) aus, da Bauverträge nach der Intention der VOB/B möglichst aufrechterhalten werden sollen (§ 5 Nr. 4, aber auch § 13 Nr. 7). Schadenersatz ist beschränkt auf den unmittelbaren Schaden. Der entgangene Gewinn kann nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Vertragsverletzung verlangt werden.

Der Auftragnehmer hat bei Behinderungen einen Anspruch auf Ausführungsfristverlängerung (§ 6 Nr. 2).

In § 7 ist eine für den Auftragnehmer günstigere Gefahrverteilung für den zufälligen Untergang oder die zufällige Verschlechterung der Leistung vor der Abnahme geregelt.

In § 12 sind für den Auftragnehmer günstigere Abnahmeformen geregelt (neben der förmlichen Abnahme die stillschweigende Abnahme und die fiktive Abnahme, also die Abnahme innerhalb von 6 Werktagen nach Benutzung (Ingebrauchnahme) oder innerhalb von 12 Werktagen nach Fertigstellungsmitteilung. Allerdings machen Auftraggeber sehr häufig von dem zulässigen Recht Gebrauch, vertraglich die genannten Abnahmeformen auszuschließen und die Durchführung einer förmlichen Abnahme zu vereinbaren.

In § 13 ist die Gewährleistungsfrist um ein Jahr verkürzt. Dieser (relativ unbedeutende) Vorteil wird allerdings mehr als wettgemacht durch die so genannte „Quasiunterbrechung“ der Verjährungsfrist durch eine schriftliche Mängelrüge.

§ 16 Nr. 1 räumt dem Auftragnehmer ein Recht auf Abschlagszahlungen in Höhe des Wertes der jeweils vertragsgemäß erbrachten Leistungen ein, während in § 602a BGB Abschlagszahlungen nur für in sich abgeschlossene Teile des Werkes gefordert werden können. In beiden Fällen besteht ein Anspruch auf Abschlagszahlungen auch auf Grundlage vereinbarter Zahlungspläne.

Erkennbar halten sich die Vorteile der VOB/B für den Auftragnehmer in Grenzen.

Nachstehende VOB/B-Regelungen sind für den Auftraggeber günstiger als das BGB-Werkvertragsrecht der §§ 631 bis 651 BGB; das impliziert in der Regel, dass es sich hierbei um Nachteile für den Auftragnehmer handelt:

In deutschen Rechtssystem gibt es den Grundsatz, dass Verträge nicht einseitig abgeändert werden können. Mit Vereinbarung der VOB/B wird hingegen der Auftraggeber ermächtigt, einseitig Änderungen des Bauentwurfs anzuordnen und die Ausführung nicht vereinbarter Zusatzleistungen, die zur Ausführung der vertraglichen Leistung erforderlich werden, zu beauftragen. Die Grenze liegt dort, wo der Auftragnehmer auf derartige Leistungen nicht eingerichtet ist (§§ 1 Nr. 3 und Nr. 4). Im Gegenzug dazu erhält der Auftragnehmer das Recht, diese Leistungen zusätzlich berechnen zu dürfen (§ 2 Nr. 5 und Nr. 6), jedoch sind Zusatzleistungen nur zu vergüten, wenn der Anspruch vor Ausführung der Leistungen schriftlich angekündigt wird. Daran scheiterte es nicht selten.

Stundenlohnarbeiten werden nur vergütet, wenn sie als solche vor ihren Beginn ausdrücklich vereinbarten werden (§ 2 Nr. 10). Daran und an § 15 (siehe unten) scheitert häufig die Abrechnung erbrachter Stundenlohnarbeiten.

§ 4 Nr. 3 legt dem Auftragnehmer umfangreiche Prüfung- und Hinweispflichten auf.

Die Beauftragung von Subunternehmern bedarf der schriftlichen Zustimmung des Auftraggebers (§ 4 Nr. 8).

Baubehinderungen sind schriftlich anzuzeigen (§ 6 Nr. 1), sei denn, die Behinderung ist offenkundig. Darauf sollte man sich nicht verlassen.

§ 13 Nr. 5 Abs. 1 regelt, dass die Gewährleistungsfrist durch eine schriftliche Mängelrüge unterbrochen wird. Sie beginnt für den gerügten Mangel erneut (sogenannte „Quasiunterbrechung“), wodurch sich die Gewährleistungsfrist fast verdoppeln kann, mithin also länger als die BGB-Gewährleistungsfrist wird.

Ein sehr gewichtiger Vorteil für den Auftraggeber bzw. Nachteil für den Auftragnehmer ist die Regelung in § 14 Nr. 1, wonach der Auftragnehmer verpflichtet ist, seine Leistung übersichtlich und prüfbar – und zwar in der dort beschriebenen Weise – abzurechnen hat. Solch strenge Formvorschriften kennt § 641 BGB nicht. Danach wird der Werklohnanspruch des Unternehmers auch ohne diese strengen Formalien mit der Abnahme bereits fällig.

Gemäß § 14 Nr. 4 kann der Auftraggeber nach angemessener Fristsetzung die Rechnung auch auf Kosten des Auftragnehmers aufstellen oder aufstellen lassen. Genügt also die Abrechnung des Auftragnehmers nicht den strengen Formerfordernissen, können nicht unerhebliche Zusatzkosten entstehen.

Die Ausführung von Stundenlohnarbeiten ist vor Beginn anzuzeigen und Stundenlohnabrechnungen längstens in Abständen von vier Wochen einzureichen (§ 15 Nr. 3 und Nr. 4). Auch daran scheitert neben dem oben erwähnten § 2 Nr. 10 häufig die Abrechnung durchgeführter Stundenlohnarbeiten.

Der bekannteste Nachteil für den Auftragnehmer ist die recht lange zweimonatige Schlussrechnungsprüfungsfrist des § 16 Nr. 3 VOB/B und der Eintritt der Verzugsfolgen bei Verzug des Auftraggebers gemäß § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B – anders als §§ 286 BGB – erst nach dem Setzen einer angemessenen Nachfrist.

Der weniger bekannte aber schwerwiegendste Nachteil der VOB/B für den Auftragnehmer ist die Ausschlusswirkung der Schlusszahlung gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 2 bis Abs. 5 VOB/B. Darauf kommen wir unten noch einmal zurück.

Wenngleich das in der Praxis relativ seltenen vorkommt, berechtigt § 16 Nr. 6 den Auftraggegeber, zur Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen an Gläubiger des Auftragnehmers direkt zu zahlen, wobei hier recht strenge Formalien zu beachten sind.

Nach Einschätzung des Verfassers und der langjährigen praktischen Erfahrungen überwiegen die Vorteile des Auftraggebers. Der Auftragnehmer hat häufig viel Mühe, mit den streng formalistischen Bestimmungen der VOB/B in der Alltagspraxis zurecht zu kommen.

Wir kommen zurück auf die oben beschriebene Einbeziehung der VOB in den Vertrag:

Wird die VOB nicht wirksam in den Vertrag einbezogen, sei es durch Nichtaushändigung gegenüber Privatpersonen spätestens bei Vertragsabschluss oder sei es durch einseitig begünstigende Abänderungen der VOB zugunsten des Verwenders, hat das eine fatale Rechtsfolge: Der Verwender dieser AGB ist einerseits an die ihn benachteiligenden Regelungen gebunden, er kann jedoch die ihn begünstigenden Regelungen nicht in Anspruch nehmen.

Es ist deshalb völlig unverständlich, wenn manche Auftragnehmer (meist Bauhandwerker) auf ihren Vordrucken, z.B. im Angebot oder auf der Rechnung ohne jede Not vermerken: „Es gilt die VOB“. Die bescheidenen Vorteile, wie oben beschrieben, z.B. eine verkürzte Gewährleistungsfrist, können daraus nicht abgeleitet werden, aber statt der Fälligkeit des Werklohnes bei Abnahme wird dem Auftraggeber dadurch eine zweimonatige Schlussrechnungsprüfungsfrist eingeräumt.

Merke: Ein Auftragnehmer sollte gegenüber Privatpersonen die VOB/B von sich aus nicht vereinbaren.

Es kann in der Regel nicht verhindert werden, wenn der Auftraggeber von sich aus auf die Vereinbarung der VOB besteht. Sie wollen schließlich den Auftrag. Aber dann ist der Auftraggeber Verwender dieser AGB und kann sich seinerseits im Falle der Abänderung einzelner VOB-Regelungen nicht mehr auf seine Vorteile berufen, hat aber die ihn betreffenden Nachteile hinzunehmen. Also noch einmal: Die VOB/B sollte von Auftragnehmern ohne Not nicht von sich aus vereinbart werden.

Wenn vorstehend von Abänderung der VOB geschrieben wurde, sind damit Vertragsvereinbarungen der VOB gemeint, die für bestimmte Situationen bestimmte Rechtsfolgen vorsehen, beispielsweise das Recht des Auftraggebers zur einseitigen Abänderung des Bauentwurfes gemäß § 1 Nr. 3 VOB/B mit der Rechtsfolge, dass dafür gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B eine Preisanpassung verlangt werden kann. Eine Vertragsklausel des Auftraggebers, wonach Vertragsänderungen zu keiner Preisänderung führen, machen damit die Ausgewogenheit der VOB zwischen den Vertragspartnern zunichte und führen zur Inhaltskontrolle sämtlicher Vertragsklauseln und mithin sehr häufig zu deren Unwirksamkeit. Das gilt auch für die häufig anzutreffende Unsitte, dass in Verträgen vorgegeben wird, dass Abschlagszahlungen in Höhe von 90 Prozent der erbrachten Leistungen gefordert werden können. Diese Vertragsklausel ändert § 16 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOB/B ab, da dort Abschlagszahlungen in Höhe des Wertes der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen, also 100 Prozent, zu gewähren sind.

Eine besondere Falle für die Auftragnehmer stellt § 16 Nr. 3 Abs. 2 bis Abs. 5 dar. Wird vom Auftraggeber eine Schlusszahlung geleistet und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die vorbehaltlose Annahme der Schlusszahlung Nachforderungen ausschließt, ist, wenn das nicht akzeptiert wird, sofortiger Handlungsbedarf angesagt. Es ist nämlich innerhalb von 24 Werktagen nach Zugang dieser Mitteilung ein Vorbehalt über die Schlusszahlung zu erklären und innerhalb weiterer 24 Werktage entweder eine prüfbare Rechnung über die vorbehaltenen Forderungen einzureichen oder, wenn das nicht möglich ist, muss der Vorbehalt eingehend begründet werden. Werden diese Fristen versäumt, braucht später nicht mehr über die Höhe der Forderung gestritten werden. Der „Rettungsanker“ kann in vorstehenden Ausführungen liegen. Die vorgenannten Regelungen über die Ausschlusswirkungen gelten nämlich nur dann, wenn die VOB/B unverändert Vertragsbestandteil wurde, bisher in der Rechtsprechung hieß das, wenn die VOB „als Ganzes“ vereinbarten wurde. Beispielsweise die vorgenannte Beschränkung der Abschlagszahlungen auf 90 Prozent macht die gesamte Regelungsdogmatik der Vorbehaltserklärung unwirksam. Im Zweifel wird Ihnen Ihr baurechtskundiger Anwalt helfen.

Fazit:

Auftragnehmer sollten von sich aus, also ohne Not, die VOB/B besser nicht in das Vertragsverhältnis einführen. Die oben geschilderten Nachteile überwiegen.

Auftraggeber, die die VOB/B vereinbaren wollen, sollten diese nicht in zusätzlichen oder besonderen Vertragsbedingungen oder Verhandlungsprotokollen einseitig zu ihren Gunsten abändern. Dies ändert die von der Rechtsprechung anerkannte Ausgewogenheit der VOB/B und führt fast immer zu Rechtsnachteilen.

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