In den meisten Bauverträgen vereinbaren die Vertragsparteien eine Vertragsstrafe für den Fall der verschuldeten verspäteten Leistungserbringung. In der Regel verpflichtet sich der Auftragnehmer zur Zahlung einer der Höhe nach ausgestalten Vertragsstrafe in Höhe von 0,2 – 0,3 % der Auftragssumme pro Tag oder Werktag oder Arbeitstag. Da Bauverträge fast ausnahmslos den Charakter Allgemeiner Geschäftsbedingungen haben, es sich also um Verträge zur Wiederverwendung handelt, mussten sich Vertragsstrafenklauseln in der Rechtssprechung mehrfach der Inhaltskontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB (früher AGB-Gesetz) unterziehen. Das betraf zunächst die vereinbarte Tageshöhe, worauf unten noch eingegangen wird, vor allem aber waren Vertragsstrafenklauseln nur wirksam, wenn eine Obergrenze vereinbart wurde. Diese Obergrenze betrug 10 % der Vertragssumme (bei Bauvorhaben bis ca. 6,65 Mio €) . Das galt bis Ende März 2003! Seither beträgt diese Obergrenze nur noch 5 %. Das hat der Bundesgerichtshof in seinem am 26.03.2003 veröffentlichten Urteil vom 23.01.2003 (Az.: VII ZR 201/01) entschieden. Wegen der bisher eindeutigen Rechtslage, dass eine 10 %-ige Obergrenze zulässig war, hat der BGH gleichzeitig eine Übergangsregelung entschieden: Für die bis zur Veröffentlichung der Entscheidung abgeschlossen Verträge war die 10 %-ige Obergrenze zulässig, für neu abgeschlossenen Verträge gilt die 5 %-ige Obergrenze.
Der Hinweis auf die Obergrenze nur in einer Fußnote zum Vertragsexemplar ist unzulässig (BGH 24.02.2005, IBR 2005, 248).
Daraus folgt: Ändern Sie als Auftraggeber ihre Vertragsformulare. Auftraggeber, die eine Vertragsstrafe über die 5%-ige Obergrenze vereinbaren, erhalten zukünftig überhaupt keine Vertragsstrafe, da eine geltungserhaltende Reduktion (Zurückführung auf das zulässige Maß) nicht stattfindet. In der entsprechenden Situation können sich Auftragnehmer auf die Unwirksamkeit der Vertragsstrafenklausel berufen und schulden mithin eine solche nicht.
Gleiches gilt, wenn die vereinbarte Tageshöhe überzogen ist. Es kommt zunächst darauf an, ob der Verzug pro Kalendertag (jeder Tag), Werktag (Montag bis Samstag ohne Feiertage) oder Arbeitstage (Montag bis Freitag ohne Feiertage) vereinbart wurde. 0,3 % pro Werktag hat der BGH für zulässig, 0,3 pro Kalendertag hat das OLG Dresden für unzulässig erklärt, weil das schon 0,42 % pro Arbeitstag ausmachen, und 0,5 % pro Arbeitstag hat der BGH bereits für unzulässig erklärt, sogar schon 0,5 % pro Werktag.
Im Übrigen ist eine Vertragsstrafenvereinbarung nur wirksam, wenn sie an das Verschulden des Auftragnehmers anknüpft. Da Verzug Verschulden voraussetzt, muss also die Vertragsstrafe für den Fall des Verzuges oder der schuldhaften Fristüberschreitung vereinbart werden. Ist die VOB/B Vertragsgrundlage und ein Hinweis auf § 11 VOB/B enthalten, ist die Vertragsstrafe ohne ausdrücklichen Verschuldenshinweis wirksam.
Eine Vertragsstrafe wegen Zwischenfristen darf in AGB nicht vereinbart werden, wenn der vereinbarte Endtermin eingehalten wurde und kumulativ darf die Höchstgrenze nicht überschritten werden.
Ist eine Vertragsstrafenvereinbarung unwirksam, kann der Auftraggeber bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen den nachgewiesenen Verzugsschadenersatz geltend machen.
Auftraggebern kann nur empfohlen werden, für die Vertragsstrafenvereinbarung folgenden Formulierungsvorschlag zu verwenden:
- Der Auftraggeber ist berechtigt, für jeden Fall der vom Auftragnehmer verschuldeten Überschreitung eines einzelnen Termins (einer einzelnen Frist) als Vertragsstrafe 0,3 % der Bruttoschlußrechnungssumme je Werktag geltend zu machen, insgesamt jedoch höchstens 5 % der nach der Schlußrechnung maßgeblichen Bruttosumme.
- Die nach dem vorstehenden Absatz fällig werdenden Vertragsstrafe ist dann nicht verwirkt, wenn der in diesem Vertrag vereinbarte späteste Fertigstellungstermin eingehalten wird. Das gilt nicht, wenn durch die vom Auftragnehmer zu vertretende Versäumung einzelner Zwischenfristen der im Bauzeitenplan festgelegte Arbeitsbeginn für andere Gewerke verschoben wird oder dem Auftraggeber ein Verzugsschaden entsteht. Die Gesamtvertagsstrafe aus Abs. 1 und Abs. 2 darf 5 % der nach der Schlußrechnung maßgeblichen Bruttosumme nicht übersteigen.
- Bei der Überschreitung von Zwischenterminen ist Bemessungsgrundlage für die Höhe der Vertragsstrafe der bis zu diesem Zeitpunkt die vom Auftragnehmer vertragsgemäß zu erbringende Bruttoleistung, maximal 5 %.
- Der bei der Abnahme auszusprechende Vorbehalt der Geltendmachung kann noch bis zur Fälligkeit der Schlußrechnung erklärt werden.