Es kommt in der Praxis nicht selten vor, dass Auftraggeber leichtfertig Mängelrügen erteilen und damit Auftragnehmer zu manchmal kostenträchtigen Mängeluntersuchungen veranlassen.

Stellt sich heraus, dass die Mängelrüge ungerechtfertigt war, also Mängel am Werk des Auftragnehmers nicht vorlagen, kann der Auftragnehmer dem Auftraggeber die dadurch entstehenden Untersuchungskosten berechnen und diese erforderlichenfalls gerichtlich durchsetzen.

Ein ungerechtfertigtes Mängelbeseitigungsverlangen stellt eine zum Schadenersatz verpflichtende schuldhafte Vertragsverletzung dar (§ 280 Abs 1 BGB), wenn der Reklamierende erkannt hat oder hätte erkennen können, dass ein Mangel nicht vorliegt, sondern die Ursache für das Symptom, hinter dem er einen Mangel vermutet, in seinem eigenen Verantwortungsbereich liegt.

In diesem Sinne hat der BGH mit Urteil vom 23.01.2008 (VIII ZR 246/06) entschieden. Dort lag ein Kaufvertrag zugrunde. Diese Entscheidung ist aber auch auf das Werkvertragsrecht anwendbar. Die Situation ist die Gleiche.

Beispiel: Ein Auftraggeber reklamiert, dass ein installierter Heizkörper nicht warm wird und fordert Mängelbeseitigung. Der Heizungsinstallateur untersucht den Mangel. Der Heizkörper wurde nur deshalb nicht warm, weil das Thermostatventil zugedreht war. Fahrtkosten und Zeitaufwand können zu ortsüblichen Preisen in Rechnung gestellt werden.

Nur zur Vertiefung:
Bislang war das umstritten. Bisher war Voraussetzung dafür, dass der Auftragnehmer vorher dem Auftraggeber ankündigt, dass der die notwendigen Kosten der Überprüfung in Rechnung stellen wird.

Das OLG Karlsruhe hatte mit Urteil vom 13.05.2003 einen Auftraggeber zur Zahlung einer üblichen Vergütung nach Maßgabe der §§ 631, 632 II BGB verpflichtet. Es hat einen konkludenten Werkvertragsabschluss angenommen, weil der Auftraggeber die Tätigkeit des Auftragnehmers in Anspruch genommen hat und nach der Vergütungsankündigung und auch während der Durchführung der Überprüfung nicht bekundet hat, dass er einen solchen Vertragsabschluss nicht wünscht. Die Abrechnung des Auftragnehmer erfolgte auf Stundenlohnbasis. Als Voraussetzung knüpfte das OLG aber, dass der Auftragnehmer vorher dem Auftraggeber ankündigt, dass der die notwendigen Kosten der Überprüfung in Rechnung stellen wird.

Ähnlich entschieden haben auch früher das LG Hamburg am 05.03.1992 und das OLG Celle am 08.05.2002 und zuletzt – nach der vorstehenden BGH-Entscheidung – das LG Kassel am 01.02.2008, anders das OLG Düsseldorf am 18.12.1999, welches einen solchen Anspruch nur sehr ausnahmsweise zubilligte.

Sicherheitshalber sollte der Anspruch vorher schriftlich angekündigt werden.

Eine besondere Konstellation hatte das Landgericht Leipzig am 04.11.2005 entschieden. Der Auftraggeber reklamierte bei seinem Generalunternehmer einen Mangel, dieser leitete die Mängelrüge seinem Nachunternehmer (Subunternehmer) weiter. Der „Mangel“ war nicht auf seine Tätigkeit zurückzuführen, sondern vom Auftraggeber selbst verursacht. Der NU habe keinen Anspruch gegen seinen Auftraggeber (dem GU) wegen der Aufwendungen der Untersuchung. Es sei kein Vertrag über die Beseitigung der Verstopfung zu Stande gekommen. Auch scheide ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) aus. Einen solchen Anspruch aus GoA könnte der NU aber gegenüber dem Bauherrn geltend machen. Ein Auftraggeber sei nicht verpflichtet, vor Geltendmachung eines Mängelbeseitigungsrechts das Vorliegen eines Mangels, dessen Ursache und den in Betracht kommenden Auftragnehmer zu überprüfen. Diese Entscheidung ist durch das o.g. BGH-Urteil überholt.

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