Seit diesem Jahr wird erneut auf Bundesebene eine Reform des Insolvenzrechts, vor allem auch Änderungen im Verbraucherinsolvenzverfahren auf der sogenannten „Zweiten Stufe“ diskutiert, wie die Bundesjustizministerin auf einer Tagung des Deutschen Insolvenzrechtstags mitteilte. So gebe es Reformbestrebungen, die eine gütliche Einigung des Schuldners mit seinen Gläubigern weiter fördern sollen. Dabei steht zum einen die Stärkung der vorgerichtlichen Einigung im Zentrum.

Weiterhin bestehen Bemühungen, dem Schuldner nach einem Fehlstart zügiger einen Neuanfang zu ermöglichen, so dass der betroffene Schuldner möglichst schnell wieder am Wirtschaftsleben teilnehmen kann. Hierbei steht zur Diskussion, die Dauer der Wohlverhaltensperiode von zur Zeit sechs Jahren auf drei Jahre zu verkürzen, wobei jedoch noch zahlreiche Folgeprobleme zu bewältigen sein werden. Es darf nicht nur einseitig auf die Rechte und Chancen des Schuldners abgestellt werden, vielmehr dürfen auch dessen Gläubiger und die Länderhaushalte, also letztlich die Steuerzahler, nicht außen vor gelassen werden. Wird die Wohlverhaltensperiode auf drei Jahre reduziert, sinken auch die Chancen der Gläubiger an ihr Geld zu kommen. Ebenso verschlechtern sich die Chancen des Staatskasse die zumeist gestundeten Verfahrenskosten bei einer Verkürzung der Wohlverhaltensperiode beizutreiben, was letztlich zu Lasten der Gesamtheit geht. Als Folge dieser Risiken wird zu prüfen sein, ob die Erteilung der Restschuldbefreiung an zusätzlich Voraussetzungen zu knüpfen sein wird. In Betracht käme sowohl die Erfüllung einer Mindestbefriedigungsquote als auch die Deckung der Verfahrenskosten (so in Österreich).

Ferner wird seitens des Bundesjustizministeriums überlegt, ob nicht sogar ein Sanierungsverfahren im Vorfeld einer Insolvenz eingeführt werden könnte, um so bereits der Durchführung eines Insolvenzverfahrens vorzubeugen. Wie genau ein solches auszugestalten ist, kann zur Zeit noch nicht abgesehen werden. Allerdings hat dieser Gedanke bereits in anderen Länder der Europäischen Union Einzug gefunden, so in Frankreich und Großbritannien, in denen durch ein vorgeschaltetes Sanierungsverfahren eine drohende Insolvenz abgewendet werden kann. Jedoch sind auch hier die weitreichenden Folgen nicht zu unterschätzen. Ein eigenständiges Sanierungsverfahren müsste mit dem bestehenden Insolvenzverfahren ein einheitliches Konzept bilden und es müssten bereits in diesem vorgelagertem Stadium sowohl für den Schuldner als auch für die Gläubiger entsprechende Schutzmaßnahmen geschaffen werden. In diesem Sinne ist zu bedenken, dass diese Möglichkeit nicht jedem Schuldner offen stehen kann, insbesondere in dem Fall, dass der Schuldner unkontrolliert die noch vorhandene Masse für einen Sanierungsversuch verbraucht, ohne dass ein solcher überhaupt Aussicht auf Erfolg hat und damit die Durchführung eines Insolvenzverfahrens erheblich erschwert.

Es bleibt also abzuwarten, wie weit die angedachten Veränderung nun tatsächlich durchgesetzt und ausgestaltet werden können. Mit einer Umsetzung wird vermutlich im Herbst diesen Jahres zu rechnen sein, jedoch endgültige Regelungen können erst Ende nächsten Jahres erwartet werden.

Rechtsanwälte Kühn & Schreiber, E. Rudolph, Referendarin,
Gräfenhainichen, den 8.11.2010

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