Das Forderungssicherungsgesetz – FoSiG – vom 23.10.2008 (BGBl. I S. 2022) ist am 01.01.2009 in Kraft getreten und gilt für alle Verträge, die ab diesem Zeitpunkt abgeschlossen wurden oder werden.
Bringt die Neuregelung Verbesserungen für Handwerker, kleine und mittlere Unternehmen? Wohl ja, urteilen Sie selbst.
1.) Der § 632a BGB (Abschlagszahlungen) ist neu gefasst worden. Diese Vorschrift gilt nicht, wenn die VOB/B Vertragsbestandteil ist. Dort sind Abschlagszahlungen in § 16 Nr. 1 VOB/B geregelt.
§ 632a BGB erleichtert für den Bereich des BGB-Werkvertrages die Geltendmachung und Durchsetzung von Abschlagszahlungen. Während in der bisherigen Fassung Abschlagszahlungen nur für „in sich abgeschlossene Teile des Werkes“ gefordert werden konnten, ist nunmehr darauf abgestellt, dass die vertragsgemäß erbrachte Leistung einen Wertzuwachs beim Besteller erlangt hat. Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abschlagszahlung nicht verweigert werden. Der Auftraggeber hat kein „allgemeines“ Kürzungsrecht. Abschlagforderungen sind selbstständig einklagbar, solange die Schlussrechnungsreife noch nicht erreicht ist, also die Baumaßnahme noch nicht abgeschlossen ist, das Vertragsverhältnis also noch besteht und nicht etwa durch Kündigung beendet wurde oder eine Abnahme bislang nicht stattgefunden hat.
Die Fälligkeit der Abschlagforderungen richtet sich nach § 271 BGB, also mangels anderweitiger Vereinbarung tritt die Fälligkeit sofort ein.
Ist der Besteller ein Verbraucher (also kein Unternehmer) hat er gem. § 632a Abs. 3 BGB das Recht, eine Sicherheit zu verlangen oder Abschlagsrechnungen zu kürzen, bis fünf Prozent des Vergütungsanspruches erreicht sind. Die Sicherheiten können aber auch anderweitig geleistet werden, z. B. durch eine Vertragserfüllungsbürgschaft.
2.) Die Durchgriffsfälligkeit der Werklohnforderungen in § 641 Abs. 2 BGB ist neu geregelt worden. Die Vergütung des Unternehmers wird spätestens fällig, wenn der Auftraggeber von seinem Auftraggeber die Vergütung für diesen erbrachten Leistungsteil erhalten hat, also der Bauherr zahlt beispielsweise die Heizungs- und Sanitärarbeiten an den Hauptunternehmer (HU) oder Generalunternehmer (GU), dieser zahlt an seinen Subunternehmer (SU) aber nicht und behauptet beispielsweise Mängel. Gleiches gilt, wenn diese Leistung vom Bauherrn abgenommen wurde oder eine Abnahmefiktion eintrat. Häufig weiß der Auftragnehmer nicht, ob der Bauherr abgenommen oder bereits gezahlt hat. Dem Auftragnehmer ist jetzt ein Auskunftsanspruch eingeräumt worden. Wird die Auskunft innerhalb einer angemessenen Frist nicht erteilt, tritt ebenfalls die Fälligkeit ein.
3.) Sind an einer Leistung Mängel vorhanden, kann der Auftraggeber gem. § 641 Abs. 3 BGB etwa das Doppelte der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten einbehalten (bisher mindestens das Dreifache). Bei Streit über das Vorliegen von Mängeln oder der Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten trägt der Auftragnehmer allerdings – wie bisher – die Darlegungs- und Beweislast.
4.) Die sich in der Praxis nicht bewährte Fertigstellungsbescheinigung ist abgeschafft worden. Der § 641a BGB wurde aufgehoben.
5.) Eine wesentliche Verbesserung der Auftragnehmersituationen bringt die Neuregelung des § 648a BGB (Bauhandwerkersicherung). Diese Vorschrift gilt auch für Verträge, die der VOB/B unterliegen, nicht jedoch für Eigenheimbauer und für diejenigen öffentliche Auftraggeber, über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren unzulässig ist.
Der Auftragnehmer kann – wie bisher auch – von seinem Auftraggeber eine Sicherheit verlangen, und zwar auch und gerade dann, wenn eine solche vertraglich nicht vereinbart ist. Das gilt auch für bereits abgenommene aber noch nicht bezahlte Werkleistungen.
Eine Aufrechnung durch den Auftraggeber mit Gegenforderungen ist unzulässig, es sei denn, diese sind unstreitig oder rechtskräftig festgestellt. Dies stärkt die Auftragnehmerposition beträchtlich.
Gemäß § 648a Abs. 5 BGB ist – anders als bisher – eine Nachfristsetzung entbehrlich. Es reicht, wenn innerhalb einer angemessenen Frist – je nach Höhe der Sicherheitsforderung 10 Tage bis 3 Wochen, abhängig vom Einzelfall -nachweisbar eine der Höhe nach bezifferte Sicherheit gefordert wurde. Nach erfolglosem Verstreichen dieser Frist können wahlweise die Arbeiten eingestellt werden oder der Auftragnehmer kann den Vertrag kündigen. Nach einer Vertragskündigung erfolgt die Abrechnung des Bauvertrages nach den Grundsätzen der freien Auftraggeberkündigung, also der Auftragnehmer hat Anspruch auf volle Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen. Im letzten Satz des Absatz 5 wird – wie bisher – ein 5%-iger Vergütungsanspruch auf die noch nicht erbrachte Leistung vermutet. Das greift insbesondere dann, wenn die Abrechnung schwierig ist.
6.) Neu und besonders interessant für den Auftragnehmer ist, dass der Anspruch auf Sicherheitsleistung selbstständig einklagbar ist. Das hat eine größere Bedeutung, als auf den ersten Blick scheint. Der Auftragnehmer will für seine Leistungen Geld. Geld bekommt er aber erst, wenn er in Vorleistung getreten ist. Manchmal bekommt er aber auch nach Erbringung seiner Vorleistung kein Geld, wenn beispielsweise sein Auftraggeber insolvent wird. Der Anspruch auf Sicherheitsleistung gibt ihm entweder die Sicherheit, oder er kann nach erfolglosen Verstreichen der gesetzten angemessenen Frist die Arbeiten einstellen, den Sicherheitsanspruch gerichtlich durchsetzen – dieser Anspruch ist sogar vollstreckbar – und, wenn er dann die Sicherheit hat, weiterarbeiten. Praktisch bedeutsam ist das insbesondere, wenn es am Bauvorhaben erste Zahlungsprobleme gibt. Ein solcher Prozess geht auch wesentlich schneller als ein üblicher Werklohnprozess, bei welchen zumeist Mängel eingewandt werden und Gutachten eingeholt werden müssen. Wir warnen regelmäßig vor der Einstellung von Arbeiten aus anderen Gründen, insbesondere wegen Zahlungsverzuges mit einer Abschlagsrechnung (siehe unsere Internetseite www.ra-nks.de, dort unter Veröffentlichungen und dort unter „Vorsicht bei Einstellung der Arbeiten“).
Im übrigen geht das alles auch viel schneller. Da diese Vorschrift auch gilt, wenn die VOB/B vereinbart ist, muß der Auftragnehmer bedenken, dass bei einer Abschlagsrechnung Verzug frühestens nach Ablauf von vier Wochen eintreten kann (18 Werktage Fälligkeitsfrist plus angemesse Nachfrist, § 16 Nr. 1 Abs 3 i.Vbdg.m. § 16 Nr. 5 Abs 3 VOB/B), während er den einklagbaren Anspruch auf Sicherheitsleistung und das Recht zu Einstellung der Arbeiten bereits nach ca. 10 Tagen bis 2 – 3 Wochen hat.
Auch wenn der Vertrag nicht gekündigt wird, sondern die Arbeiten nur eingestellt werden, ist das ein wirksames Druckmittel auf den Auftraggeber. Die Arbeiten ruhen, verzögern den Bauablauf und der Auftraggeber kann noch nicht einmal ein anderes Unternehmen beauftragen, da ansonsten eine Doppelbeauftragung vorläge.
7.) Besondere Bedeutung für den Auftragnehmer hat die Klarstellung und Modernisierung des Inhaltes des bisherigen Gesetzes über die Sicherung von Bauforderungen vom 01.06.1909 (!). Zunächst einmal ist der Begriff des Baugeldes präzisiert worden. Hierbei sind zwei Ebenen zu unterscheiden. Da sind in der ersten Ebene zunächst einmal die Gelder darunter zu verstehen, die der Bauherr von Banken usw. darlehensweise grundbuchlich gesichert zur Bestreitung der Baukosten erhält und seinem Auftragnehmer schuldet, entweder dem Auftragnehmer direkt oder dem Generalübernehnmer, Generalunternehmer, Hauptunternehmer. Das entspricht im wesentlichen der bisherigen Regelung des § 1 Abs 3 GSB.
Die pflichtwidrige Verwendung von Baugeld führte bereits bisher zu strafrechtlichen Konsequenzen und zur persönlichen Haftung der Organträger , z.B. Geschäftsführer, Vorstände, Prokuristen, Projektleiter.
Für Bauhandwerker, kleine und mittlere Unternehmen, die meist als Subunternehmer am Bau beteiligt sind, gibt es eine praxisbedeutsame Ergänzung im FoSiG, wonach dieses Tatbestandsmerkmal (grundbuchlich gesichert) nicht mehr gilt, sobald das Baugeld den Bereich des Bauherren verlässt, indem dieser Zahlungen an den GÜ, GU oder HU leistet. Baugelder sind demnach alle Gelder, die ein Unternehmer in der Kette nach dem Bauherrn erhält. Dieser Baugeldempfänger wird gewissermaßen zum Treuhänder dieser Gelder ihrer Nachunternehmer. Der GÜ, GU oder HU darf mit diesen Geldern keine „Löcher“ aus anderen Bauvorhabens stopfen, diese Gelder nicht für eigene Zwecke oder zur Deckung der allgemeinen Geschäftskosten verwenden und keine baufremden Verbindlichkeiten bedienen, wie Grundstückskosten, Maklerkosten, Notarkosten, Rechtsanwaltskosten oder ähnliche. Er hat dieses Baugeld auf einem gesonderten Treuhandkonto zu separieren und dafür Sorge zu tragen, dass es nicht von Dritten (auch nicht von der Hausbank) gepfändet werden kann. Wenn der GU oder HU selbst Bauleistungen erbringt, darf er vom Baugeld nur einen Betrag in Höhe von 50 Prozent des angemessenen Wertes (nicht des Rechnungsbetrages) für sich einbehalten.
Diese Regelung hat erhebliche praktische Bedeutung für den Auftragnehmer, weil im Falle der Insolvenz bei Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen die persönliche Inanspruchnahme der Organträger möglich ist. Das war zwar bislang auch schon möglich, aber eben unter dem eingeschränkten Baugeldbegriff. Für die Auftraggeber, insbesondere also für die Geschäftsführer, Prokuristen oder Vorstände der Baugeldempfänger, besteht die Gefahr dieser verschärften Haftung, wenn diese Vorschriften zukünftig nicht ernst genommen werden. Diese Regelung gilt als bereits für sämtliche Verstöße, die ab dem 01.01.2009 begangen werden oder wurden.
Die bisherige Durchsetzung scheiterte häufig an Darlegungs- und Beweisproblemen. § 1 Abs. 4 FoSiG enthält die widerlegbare gesetzliche Vermutung der Baugeldeigenschaft und bei Vorliegen der Voraussetzungen die widerlegbare gesetzliche Vermutung für einen Verstoß gegen die Baugeldverwendungspflicht. Es ist nunmehr Sache der GÜ, GU, HU, vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, dass entweder Baugeld nicht vorlag oder dass das Baugeld ordnungsgemäß verwendet wurde. Nach dem bisherigen GSB musste ein Baubuch (nicht Bautagebuch) geführt werden, in welchem die Verwendung des Baugeldes nachgewiesen werden mußte. Die Verpflichtung entfällt nunmehr auf Grund der vorstehenden Beweislastregelung.
Die Pflichtverletzung kann also durch aktives Tun, z.B. Auszahlung an Baufremde, wie auch durch Unterlassen, z.B. durch den fehlenden Pfändungsschutz, begangen werden. Die Anspruchsgrundlage für die persönliche Haftung ist § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 FoSiG.
Urteilen Sie selbst, ob diese Neuregelungen zukünftig die Zahlungsmoral verbessern können, zumindest aber die Durchsetzung von Ansprüchen erleichtert wird.